Stellungnahme der AGG Sektionen Frühgeburt/Hypertensive Schwangerschaftserkrankung und der Deutschen Gesellschaft für Pränatal- und Geburtsmedizin e.V. (DGPGM)

zum Lieferengpass des Calcium-Kanal-Blockers Nifedipin

Der Calcium-Kanal-Blocker Nifedipin wird in der Schwangerschaft im offlabel use zur Wehenhemmung bei drohender Frühgeburt in der Klinik und zur Behandlung des Bluthochdrucks im klinischen und ambulanten Sektor eingesetzt.

Es gilt in beiden Indikationen als ein Medikament der 1. Wahl in der Schwangerschaft. Der Erfahrungsumfang zur Gabe von Nifedipin in Bezug auf Wirksamkeit und Sicherheit ist hoch.

Aktuell besteht in Deutschland ein Lieferengpass zu Medikamenten mit dem Wirkstoff Nifedipin, der nach unserer Kenntnis voraussichtlich bis Sommer/Herbst 2023 anhalten kann.

Kliniken sollten sich frühzeitig informieren und auf die eingeschränkte Versorgungssituation einstellen. Maßnahmen der Kliniken können in Reimporten, Anfertigung von Kapseln aus Rezeptursubstanzen in den Klinikapotheken oder Umstellung auf andere Darreichungsformen wie zum Beispiel Lösungen/Tropfen bestehen.

In Vorbereitung auf einen Versorgungsengpass beziehen die Sektion Frühgeburt und die Sektion Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen Stellung zur Aufrechterhaltung der Versorgung schwangerer Frauen in den Kliniken.

Ersatz und alternatives Vorgehen bei der antihypertensiven Therapie

Zur antihypertensiven Therapie wurden in wenigen Studien und Fallberichten neben Nifedipin auch Amlodipin, Nitrendipin, Nimodipin und Verapamil eingesetzt. Der Erfahrungsumfang ist jedoch sollte. Hierzu zählen insbesondere Alpha-Methyldopa und Metoprolol. Ist ein Calciumantagonist indiziert, z. B. aufgrund von Unverträglichkeiten gegenüber anderen Substanzgruppen, erscheinen Amlodipin und Nitrendipin sicher. Verapamil gehört zu den Calciumantagonisten der Wahl für die
Schwangerschaft, wenn ein antiarrhythmischer Effekt gewünscht wird.

Ersatz und alternatives Vorgehen bei der tokolytischen Therapie

Neben dem etablierten Wirkstoff Nifedipin wurde zur tokolytischen Therapie in wenigen älteren Studien Verapamil eingesetzt. Der Erfahrungsumfang ist jedoch gering, sodass auf besser erprobte Medikamente anderer Substanzgruppen zurückgegriffen werden sollte. Unter Berücksichtigung der Effizienz und des Nebenwirkungsprofils sollten Oxytocinrezeptorantagonisten (Atosiban) und COXInhibitoren (Indometacin (bis 32 SSW)) trotz teilweise fehlender Zulassung vorzugsweise als Tokolytika verwendet werden.

Bei Unverträglichkeiten beider Substanzgruppen können alternativ Fenoterol (als zugelassenes Präparat) oder NO-Donatoren zum Einsatz kommen. Verapamil als in dieser Indikation erprobter Calciumantagonist sollte in Ermangelung einer ausreichenden Evidenz nicht als Alternative zu Nifedipin zum Einsatz kommen.

Ansprechpartner:

  • Prof. Dr. Ulrich Pecks, Kiel, Sektionssprecher der Sektion Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen und Fetale Wachstumsrestriktion
  • Prof. Dr. Richard Berger, Neuwied, Sektionssprecher der Sektion Frühgeburt
  • PD Dr.med. Dietmar Schlembach, Berlin, Präsident der DGPGM

Literaturverweis

Stellungnahme_Lieferengpass_Nifedipin.pdf